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Interview zu Stiftungen und defensiven Investoren: „Es muss ein Umdenken stattfinden“

Corona, EZB, Zombieunternehmen: Steigt der Zins überhaupt jemals wieder?

Marc Ospald: Dass der Zins irgendwann wieder steigen wird, steht für mich außer Frage. Die Frage muss vielmehr lauten, wann er wieder steigen wird – und ob er bis dahin nochmal wesentlich tiefer fällt. Vor einigen Jahren haben wir die Null schließlich noch als natürliche Grenze gesehen und gedacht, dass der Zinssatz nicht mehr fallen kann. Als er dann unter Null gesunken ist, schien das nur kurzfristig zu sein. Mittlerweile haben wir aber mehrere Jahre ein Zinstief. Will heißen: Die Schmerzstrecke kann noch lang sein.

Wie können Investoren, die jahrelang auf Fixed Income setzten, dann überhaupt noch ihre Anlageziele erreichen?

Ospald: Viele defensive Investoren laufen die Zinskurve hinauf, haben dann Laufzeitrisiken oder im High-Yield-Bereich hohe Bonitätsrisiken. Die Risiken widersprechen aber dem defensiven Anlageziel. Sie müssen deshalb in Sachen Risiko umdenken. Wir sehen bei vielen Stiftungen eine Zunahme von Investments im illiquiden Bereich: Immobilien, Private Equity. Die Problematik ist da nur, dass Investoren zwar eine Illiquiditätsprämie bekommen, aber nicht mehr flexibel sind. Dabei können defensive Anleger auch in der Konstruktion und Allokation ihrer Assets umdenken, indem sie eben doch in Aktien investieren und nur einen Teil des Marktrisikos durch Absicherungsstrategien tragen. Sprich: defensive Aktienstrategien, die zudem ausschüttungsorientiert sein können.


Den Aktienmarkt verbinden aber wohl viele defensive Investoren und vor allem Stiftungen mit Volatilität, die dem Stiftungsziel Kapitalerhalt ja im Wege steht…

Ospald: Und da liegt der Fehler. Ein auf Aktien basiertes Investment bedeutet eben nicht, dass man auch zu 100 Prozent das Aktienmarktrisiko tragen muss. Investoren können die Vorteile von Aktien ausnutzen, indem Konstruktionen eingesetzt werden, die gleichzeitig das Risiko begrenzen. Es muss eine gewisse Flexibilität bei der Definition von Risiken her. Ja, der Fixed-Income-Bereich ist historisch gesehen die risikoärmste Anlageklasse. Aber wer jetzt eben noch einen Zins haben möchte, bewegt sich in Sachen Bonität und Duration in hochriskanten Papieren.

Wie lässt sich so eine Aktienstrategie bilden, ohne dass Stiftungen auf regelmäßige Ausschüttungen verzichten müssen und das Ziel des Kapitalerhalts nicht außer Acht gelassen wird?   

Ospald: Ein für Stiftungen und defensive Privatanleger geeignetes Portfolio sollte aktiv in Aktien investieren, die eine Dividende zahlen. Gleichzeitig sollte ein Teil des Marktrisikos abgesichert werden. Der Vorteil: es gibt verschiedene Prämien. Zum einen erhält der Anleger für das offene Marktrisiko am Aktienmarkt die Marktperformance. Zum anderen gibt es die Selektionsprämie aus der aktiven Titelauswahl, des weiteren erhält der Anleger ordentliche Erträge aus den Dividendenzahlungen. Durch aktives Management kann ein signifikanter Mehrwert erzielt werden und gleichzeitig mit einer Sicherungskomponente ein wesentlich defensiveres Anlageprofil als bei einer normalen Aktienanlage erreicht werden. Es geht also am Ende darum, mit dem Vehikel Aktie und einer passenden Sicherung ein defensives Mischfonds- oder Fixed-Income-Profil nachzubilden, jedoch ohne Durations- oder Bonitätsrisiken einzugehen.

Aber was ist bei der Strategie die angesprochene Sicherungskomponente, die vor höheren Verlusten schützen soll?

Ospald: Bei unserem Stiftungsfonds messen wir beispielsweise das Risiko des Aktienportfolios, das es zum Aktienmarkt ausbildet und sichern das Ganze durch liquide Absicherungsinstrumente auf etwa 25 Prozent des Marktrisikos ab. Wir machen das derivativ über hochliquide Futures wie z.B. dem Euro STOXX 50 Future. Der ist nicht nur hochliquide, sondern günstig zu handeln und das Risiko des Portfolios lässt sich mit dem richtigen Mechanismus adäquat  begrenzen.

Und die Dividenden der Unternehmen sind dann eben doch „der neue Zins“?

Ospald: Rein technisch natürlich nicht. Die Dividendenzahlung ist ja eine Gewinnausschüttung, und Aktien haben ein ganz anderes Risikoprofil als Anleihen, die normalerweise zu 100 Prozent zurückgezahlt werden, wenn sie nicht ausfallen. Die Chance:  Aktien können natürlich auch deutlich über diese Marke steigen, jedoch auch darunter fallen. Aus der Sicht der ordentlichen Erträge, die defensive Anleger und Stiftungen suchen, kann die Dividende aber tatsächlich der neue Zins sein. Es geht primär um die Rolle der Ausschüttung – und dabei sollte es dem Anleger auf die Quelle der ordentlichen Erträge nicht ankommen.

Wie finden sich passende Aktien?

Ospald: Beim Stiftungsfonds setzen wir unsere selbst entwickelte HPP-Multi-Faktor-Strategie ein, die das ganze Aktienuniversum unter den Faktoren Qualität, Risiko, Momentum, Ratings und Aktienrückkäufe betrachtet und sich so eine Gesamtmeinung aus verschiedenen Perspektiven bildet. Es kommen nur die Aktien ins Portfolio, die gesamtheitlich überzeugen – und sie sollten eine Dividende ausschütten. Dazu erfüllen die ausgewählten Aktien natürlich auch unseren ausgewählten ESG-Kriterien. Gerade für Stiftungen sind der Ausschüttungsfokus, die Würdigung der Nachhaltigkeit und eben die Selektionsprämie das, worauf es ankommt.

Brauchen private Anleger, die eigentlich ähnliche Ziele haben, eine andere Alternative?

Ospald: Heutzutage entspricht das Anlageprofil eines defensiven Anlegers dem einer Stiftung. Stiftungen brauchen ordentliche Erträge zur Finanzierung des Stiftungszwecks. Defensive Anleger nutzen die ordentlichen Erträge und Ausschüttungen für Konsum oder zur Wiederanlage. Beiden Anlegergruppen geht es um den Erhalt des Vermögens und die Vermeidung von größeren Verlusten. Beide wollen aber auch langfristig anlegen. Es geht also darum, ein Anlageprofil zu bieten, das beiden Anlegergruppen gerecht wird. Denn sie sind sich heutzutage ähnlicher denn je. Und deswegen ist der Stiftungsfonds auch für private und defensive Investoren geeignet.

Habbel, Pohlig & Partner
Institut für Bank- und Wirtschaftsberatung GmbH

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Ansprechpartner

Marc Ospald
Managing Director – Portfoliomanagement

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